Jeder erfahrene Grower wird dir sagen, dass Stickstoff ein entscheidender Nährstoff für Cannabis ist. Aber zu wissen, wie Stickstoff den Stoffwechsel der Pflanze beeinflusst – besonders unter Stress – kann deinen Anbau von gut zu großartig machen.
Das International Journal of Molecular Sciences hat kürzlich eine Übersicht mit dem Titel "Impact of Nitrogen Nutrition on Cannabis sativa" veröffentlicht, die die Wissenschaft dahinter sehr detailliert erklärt. Hier ist, was du aus dieser Studie wissen solltest, verständlich und praktisch aufbereitet.
Warum diese Studie wichtig ist
Die Forscher untersuchten, wie die Menge an Stickstoff im Boden alles beeinflusst – von der Photosynthese und dem Stängelwachstum bis hin zur Produktion von Cannabinoiden. Sie betrachteten auch Genexpressionsdaten, um herauszufinden, wie Cannabispflanzen auf verschiedene Stickstoffniveaus und Umweltstressoren wie Trockenheit oder Salz reagieren.
Das ist wichtig, weil Stickstoff im Zentrum von zwei großen Prozessen steht:
- Primärer Stoffwechsel: Wachstum, Blattentwicklung und Photosynthese
- Sekundärer Stoffwechsel: Cannabinoide, Flavonoide, Alkaloide und pflanzliche Abwehrstoffe
Wenn du beim Stickstoff übertreibst, beeinflusst das nicht nur die Größe der Pflanzen, sondern auch ihre Stärke, Harzproduktion und Widerstandsfähigkeit gegenüber Stress.
Wichtige Erkenntnisse für Cannabis-Grower
1. Stickstoffeffizienz hängt vom Umfeld ab
Cannabis kann Stickstoff sehr effizient nutzen – vor allem in weniger trockenen Gegenden. Doch wenn zu viel Stickstoff im Boden ist, sinkt die Stickstoff-Rückgewinnungseffizienz (NRE) – also die Fähigkeit der Pflanze, Stickstoff aus älteren Geweben wiederzuverwerten.
Tipp: Wenn du in einer Region mit wenig Regen anbaust, übertreibe es nicht mit dem Stickstoff. Teste deinen Boden und lasse der Pflanze Raum zur natürlichen Anpassung.
2. Mehr Stickstoff bedeutet nicht automatisch mehr Ertrag
In einem Feldversuch in Kanada steigerte die Gabe von 200 kg/ha Stickstoff zwar den Samenertrag, verbesserte aber nicht die Faserqualität oder den Ölgehalt der Samen. Tatsächlich schwächte zu viel Stickstoff die Fasern, da er Lignin und Zellulose reduzierte.
Tipp: Wenn du sowohl auf Samen als auch auf Fasern setzt, finde das richtige Gleichgewicht. Zu viel Stickstoff macht Pflanzen weich und arm an verwertbaren Fasern.
3. Stickstoff beeinflusst die Cannabinoid-Produktion
- THC in oberen Blättern sank um 19 %
- CBG in Blüten stieg um 71 %
- CBN-Werte gingen ebenfalls zurück
Deutung: Stickstoff kann die Prioritäten der Pflanze verändern und sie weg von der THC-Produktion lenken – besonders unter Stressbedingungen.
Tipp: Wenn du hohen THC-Gehalt willst, nicht überfüttern. Reduziere Stickstoff in der Blütephase, um die Cannabinoidbildung zu fördern.
Wie Cannabis mit Stress und Stickstoff umgeht
Die Studie untersuchte, wie Gene in Cannabis auf Trockenheit und Salzstress reagieren. Zentrale Erkenntnisse:
- Gene für Prolin-Synthese (z. B. P5CS) werden bei Trockenheit aktiviert. Prolin hilft bei der Wasserspeicherung.
- Gene für Nitrattransport werden bei Trockenheit heruntergefahren – die Pflanze beginnt, intern Nährstoffe zu recyceln.
- Transkriptionsfaktoren wie MYB und WRKY werden aktiviert, um Nährstoffmanagement und Stressreaktion zu regulieren.
Warum das wichtig ist: Züchter können auf diese Gene abzielen, um stressresistentere Sorten zu entwickeln. Grower wiederum können besser timen, wann sie Nährstoffe geben – besonders unter schwierigen Bedingungen.
Genetisches Potenzial und Züchtung
Die Studie empfiehlt für künftige Züchtung:
- Sorten, die mit wenig Stickstoff oder Wasser gedeihen
- Gene für Nitrattransport, Prolinbildung und Polyaminstoffwechsel
- Untersuchung von Polyploidie, um Nährstoffaufnahme und Cannabinoidproduktion zu steigern
Cannabinoide & Stickstoff: Eine molekulare Sicht
Viele Cannabinoid-Vorstufen brauchen Stickstoff. Zum Beispiel:
- Alkaloide wie Cannabisativin sind stickstoffbasiert
- Stickstoff beeinflusst Flavonoide und Lignanamid-Bildung
Fazit: Eine gezielte Stickstoffzufuhr während der Blüte kann helfen, die Produktion gewünschter sekundärer Inhaltsstoffe zu lenken.
Praxistipps für Grower auf Basis der Studie
- In der Wachstumsphase: Nutze Stickstoff, um Blätter und Photosynthese zu fördern. Achte auf Mängelzeichen (hellgrüne Blätter, langsames Wachstum). Übertreibe es nicht, sonst verzögerst du die Blüte.
- In der Blütephase: Stickstoff langsam reduzieren. Setze auf Kalium und Phosphor für Harz- und Terpenbildung. Vermeide stickstoffreiche Düngung gegen Ende der Blüte – das bewahrt Potenz und sorgt für milderen Rauch.
Ausblick: Forschung & Grow-Praxis
Diese Übersicht konzentriert sich auf Faser- und Dual-Nutzhanf. Wir brauchen vergleichbare Daten für hochpotente THC- und CBD-Sorten unter kontrollierten Stickstoffbedingungen.
Bis dahin gilt: Klug füttern, Pflanzen genau beobachten und lieber nach Pflanzensignalen handeln als nach Kalenderdatum.
Letzte Gedanken
Diese Studie bestätigt, was erfahrene Grower schon vermuten: Stickstoff ist ein zweischneidiges Schwert. Er treibt das Wachstum an, kann aber Cannabinoidgehalt und Stresstoleranz senken. Das Zauberwort lautet: Balance.
Du kannst die Originalstudie herunterladen oder vor deiner nächsten Runde eine Bodenanalyse machen, um das Beste aus diesen Erkenntnissen herauszuholen.